Die Listen der invasiven Neophyten in der Schweiz sind ein wichtiges Instrument für verschiedene öffentliche und private Stellen. Sie beruhen auf informativen, wissenschaftlichen Listen (ohne Rechtsgültigkeit), auf deren Grundlage Entscheidungen getroffen und Prioritäten für die Prävention und Bekämpfung invasiver Neophyten gesetzt werden.
Auf der Grundlage ersterer Listen können wiederum weitere Listen mit zusätzlichen Funktionalitäten erstellt werden, z.B. Managementlisten, die helfen, Prioritäten für Bekämpfungsmaßnahmen zu setzen, oder Listen zur Regelung der Nutzung dieser Arten. Diese Listen können einen rechtlichen Wert haben (d.h. in Rechtsgrundlagen verankert sein) oder als Empfehlungen oder Leitlinien dienen.
Die wissenschaftlichen Listen sind nicht endgültig, sondern werden regelmässig überprüft. Die Natur ist in der Tat dynamisch: Jedes Jahr kommen neue exotische Arten in die Schweiz, und selbst alteingesessene exotische Arten können plötzlich invasiv werden.
Bis zum 3. Oktober 2022 waren die 2014 veröffentlichte "Schwarze Liste" und die "Watch List" von Info Flora die Referenz für invasive und potenziell invasive Neophyten in der Schweiz. Auf der Grundlage dieser Listen wurden Empfehlungen für den Verkauf erstellt.
Seit 2018 arbeiten die nationalen Datenzentren und InfoSpecies mit und im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) an der koordinierten Erstellung der "Liste der invasiven gebietsfremden Arten in der Schweiz". Info Flora befasste sich mit Gefäßpflanzen.
Die neue Liste mit Stand Dezember 2021 wurde erstmals im Jahr 2022 als Anhang zur Publikation "Gebietsfremde Arten in der Schweiz" (BAFU 2022) veröffentlicht. Sie entspricht dem aktuellen Stand der Wissenschaft und ersetzt die Schwarze Liste und die Watch List für die Gefässpflanzen von 2014.
Nicht nur die Namen, sondern auch die Art und Weise, wie die Arten aufgelistet werden, hat sich geändert: Die in der Schweiz vorkommenden werden von den nicht vorkommenden Arten getrennt, und die ersteren werden nach Schäden unterschieden, unabhängig davon, ob sie nachgewiesen und dokumentiert sind oder vermutet werden (siehe Bild unten, aus BAFU 2022). Diese Listen werden regelmässig aktualisiert, um mit der Entwicklung der Flora und dem Auftreten (und Verschwinden) von invasiven und potenziell invasiven Arten Schritt zu halten.
Für einen Teil der invasiven Arten ist jeglicher Umgang in der Schweiz seit 2008 verboten. Die Freisetzungsverordnung (FrSV) regelt den Umgang mit Organismen in der Umwelt. Selbstkontrolle, Informationspflicht der Abnehmer und Sorgfaltspflicht sind beim Umgang bzw. bei der Freisetzung von Organismen gefragt. Die verbotenen Arten sind in Anhang 2 aufgeführt, der somit eine Liste mit Rechtsverbindlichkeit darstellt (da er in einer Verordnung verankert ist). Anhang 2 wird derzeit überarbeitet, um ihn an den aktuellen Stand des Wissens anzupassen (d.h. an die aktuellen wissenschaftlichen Listen, Stand 2021).
Der Cercle Exotique (ex-AGIN) wurde von den Kantonen initiiert. Verschiedene Arbeitsgruppen bearbeiten das Thema Neobiota, geben Empfehlungen heraus, erarbeiten Bekämpfungsblätter und arbeiten mit weiteren Experten zusammen. Die Listen der Empfehlung des Cercle Exotique führen "Pflanzen auf, für die [...] die begründete Schlussfolgerung schwierig zu erbringen ist, dass selbst unter vorschrifts- und anweisungsgemässem Umgang keine Gefährdungen und Beeinträchtigungen von Mensch, Tier und Umwelt zu erwarten sind."
Die Liste enthält die Gefässpflanzen, in drei Teile eingeteilt, gemäss Anhang und Erläuterungen der Publikation ‘Gebietsfremde Arten in der Schweiz’ (BAFU, Link Publikation).
Liste der invasiven und potenziell invasiven Neophyten der Schweiz (DE, FR, IT) Liste der invasiven und potenziell invasiven Neophyten der Schweiz (DE)
PDF-Merkblätter sind in den nachstehenden Tabellen sowie im Abschnitt "Status" des Porträts der einzelnen Arten (siehe Beispiel: link Ailanthus altissima) zu finden.
* Schäden beziehen sich auf Schutzgüter gemäss Umweltschutzgesetzgebung; Arten, die ausschliesslich Schäden in z. B. Produktionsbereichen der Land- und Forstwirtschaft verursachen, werden hier nicht erfasst (siehe hierfür z. B. PGesV, TSV).
1 Für einige Arten ist das Merkblatt noch in Vorbereitung.
* Schäden beziehen sich auf Schutzgüter gemäss Umweltschutzgesetzgebung; Arten, die ausschliesslich Schäden in z. B. Produktionsbereichen der Land- und Forstwirtschaft verursachen, werden hier nicht erfasst (siehe hierfür z. B. PGesV, TSV).
1 Für einige Arten ist das Merkblatt noch in Vorbereitung.
Arten, die noch nicht in der Schweiz vorkommen oder aufgrund Bekämpfungsmassnahmen getilgt wurden. Ein (erneutes) Vorkommen in der Schweiz ist jedoch nicht auszuschliessen (Beispiele, Liste nicht abschliessend).
§ Die Art wurde 2021 (Stand der Listen) als getilgt angenommen, ist aber im 2022 wieder aufgetreten.
1 Für einige Arten ist das Merkblatt noch in Vorbereitung.
Gebietsfremde invasive Pflanzen sind in der Schweiz, so wie in ganz Mitteleuropa, seit den 1980er-Jahren ein Thema, das sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch in Wissenschaftskreisen zu Diskussionen führt. Das Schadrisiko, welches diese Arten für Biodiversität, Infrastrukturen und Gesundheit darstellen, wurde sehr unterschiedlich, und manchmal sogar widersprüchlich, eingeschätzt.
Das Zentrum des Datenverbundnetzes der Schweizer Flora (ZDSF) und die Schweizerische Kommission für die Erhaltung von Wildpflanzen (SKEW) führten zwischen 2000 und 2002 eine Umfrage zur Ausbreitung von Neophyten in der Schweiz durch. Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (heute Bundesamt für Umwelt, BAFU) beauftragte die SKEW, Listen zu den invasiven Neophyten aufzustellen.
Im Jahr 2002 veröffentlichte die Arbeitsgruppe der SKEW eine Schwarze Liste, eine Graue Liste und eine Watch List invasiver Neophyten der Schweiz. Das Schadrisiko wurde unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Schweiz diskutiert, entschieden wurde dann am runden Tisch. Die meisten der damals aufgenommenen Arten stehen heute noch auf den Listen invasiver Neophyten. Im Jahr 2004 erstellte die Arbeitsgruppe einen Schlüssel zur Einteilung von Neophyten (Weber et al. 2005). Dieser sollte es erlauben, invasive Arten frühzeitig zu erkennen und die Risiken für die Gesundheit, die Biodiversität und/oder die Ökonomie einzudämmen oder zu stoppen. Die Einteilung in eine Graue Liste wurde aufgehoben.
Mit dem Ziel, die Listen mit konkreten Fakten abzustützen, und aufbauend auf dem erwähnten Einteilungsschlüssel entstand 2013 unter der Federführung von Info Flora und der Expertengruppe Neophyten ein Kriterienkatalog. Dieser verknüpft das Ausbreitungspotenzial in der Schweiz mit den Schäden für die Biodiversität, die Gesundheit und die Ökonomie. 85 Arten wurden so bearbeitet, 41 davon stehen auf der im Jahr 2014 erschienenen Schwarzen Liste und 16 auf der Watch List. Im Jahr 2020 wurden die Listen aktualisiert. Zusätzlich zu den 85 Arten wurden etwa 40 weitere Arten bearbeitet und eingeteilt. Die Ergebnisse sind in die aktuellen Listen eingeflossen (siehe unten).
Parallel dazu, und auf Wunsch des BAFU, benutzten die nationalen Datenzentren für die Klassifizierung ihrer Organismengruppen die Standards EICAT (Environmental Impact Classification for Alien Taxa) und SEICAT (Socio-Economic Impact Classification for Alien Taxa) der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Diese teilen die ökologischen respektive sozioökonomischen Auswirkungen gebietsfremder Arten in fünf Klassen ein, von «minimal betroffen» bis «massive Auswirkung». Die Bewertungen beruhen auf verfügbaren veröffentlichten oder unveröffentlichten Daten und Evidenzen.
Ist bei einer Art von Schäden auszugehen, aber die Datengrundlage ungenügend, kommt sie in die Kategorie «Daten unzureichend». Ausgehend von der (S)EICAT-Einteilung werden zwei Gruppen gebildet: die invasiven, gebietsfremden Arten, welche nachweislich Schäden in der Umwelt verursachen (Neophyten mit mittlerem bis hohem Schadrisiko), und die potenziell invasiven Arten, bei denen von einem Schaden in der Umwelt auszugehen ist (Neophyten mit unklarem oder mit Verdacht auf Schadrisiko). Zusätzlich werden auch noch nicht in der Schweiz vorhandene, aber zu erwartende invasive Arten aufgeführt. Die offizielle Publikation des BAFU mit diesen Listen (Stand Dezember 2021) ist auf der Website des BAFU verfügbar.