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Armleuchteralgen

Einleitung

Die Armleuchteralgen oder Characeen sind eine wichtige Familie der Makroalgen. Sie sind die letzen Überlebenden eines Stamms, von welchem wir Fossilien kennen, die über 400 Millionen Jahre alt sind. Armleuchteralgen finden sich in der Schweiz in ganz unterschiedlichen Gewässertypen: in Moortümpeln und Pfützen, in den Altwassern der Auengebiete, in grossen Seen oder in Flüssen mit geringer Fliessgeschwindigkeit.

Oftmals können diese Makroalgen zusammen mit Wasserpflanzen beobachtet werden. Seit 2012 haben die Armleuchteralgen eine eigene Rote Liste1 , welche gleichzeitig die erste veröffentlichte Rote Liste zu einer Makroalgengruppe darstellt. 87% der Characeen sind gemäss der Roten Liste gefährdet und die Familie widerspiegelt damit den besorgniserregenden Zustand vieler Organismen, welche an das Wasser gebunden sind und für welche Verbesserungen bezüglich Qualität und Menge geeigneter Lebensräume dringend notwendig sind.

Die Rote Liste erlaubt eine Bestandesaufnahme der heutigen Verbreitung der Arten. Sie wurde mittels einer stratifizierten Stichprobenuntersuchung und mit gezieltem Aufsuchen der ehemals bekannten Fundorte erstellt. Alle diese Daten wurden Info Flora übergeben nachdem in der nationalen Datenbank die notwendigen Anpassungen gemacht wurden, um diese neue Gruppe aufzunehmen. Dank der langjährigen Vollerhebung ist es jetzt möglich, dass wir auf unserer Internetseite Verbreitungskarten aller Schweizer Armleuchteralgen anbieten können.

Da die Erhebung der Characeen aber mit der Veröffentlichung der Roten Liste nicht abgeschlossen ist, wird Info Flora analog zur Verbreitung der Gefässpflanzen auch Beobachtungen zu Armleuchteralgen entgegennehmen, sei es via Online-Feldbuch oder mittels anderer Erfassungsmöglichkeiten.

Info Flora ist für Meldungen zu Armleuchteralgen sehr dankbar, namentlich von Leuten, die im aquatischen Bereich tätig sind. In Zukunft spielt es also keine Rolle, mehr ob es sich um Beobachtungen von Characeen oder von Gefässpflanzen handelt: alles kann Info Flora übermittelt werden.

 

1 Auderset Joye D., Schwarzer A. 2012: Rote Liste Armleuchteralgen. Gefährdete Arten der Schweiz, Stand 2010. Bundesamt für Umwelt, Bern, und Laboratoire d’Ecologie et de Biologie Aquatique der Universität Genf. Umwelt-Vollzug Nr. 1213: 72 S.

Rote Liste

Bestimmung

Für alle in der Schweiz nachgewiesenen Armleuchteralgen wurde der Gefährdungsstatus in den Roten Listen und die Nationale Priorität festgelegt. Das Vorhandensein dieser Gefährdungs- und Prioritätseinstufung ermöglicht es, dass die Characeen nun in Inventaren, Aktions- oder Managementplänen angemessen berücksichtigt werden können.
Leider ist das Wissen über die Ökologie der Armleuchteralgen und deren Bioindikationspotential bei den Umweltfachleuten bislang noch gering. Das meist unauffällige Erscheinungsbild, ihr bisweilen temporäres und vielgestaltiges Auftreten und die schwierige Bestimmung bis auf Artniveau tragen wesentlich zu dieser Unkenntnis bei.
Die hier zur Verfügung gestellten Arbeitshilfen sind auf die Bedürfnisse jener Umweltakteure abgestimmt die nach grundlegenden Informationen zu Armleuchteralgen in der Schweiz suchen:

• Im Bestimmungsschlüssel werden für Armleuchteralgen spezifische Fachtermini benutzt die in Text und Bild unter " Morphologie" erläutert werden.
• Geeignete Probenahme- und Konservierungsmethoden sind unter "Probenahme und Aufbewahrung" beschrieben.
• Die Bestimmungsmethode mit den wichtigsten Merkmalen für die Bestimmung im Feld wird unter "Artbestimmung" dargestellt die dann zum Bestimmungsschlüssel bei FloraWiki führt.

 

 

Morphologie

Die Characeen sind makrophytische Algen, die sich in ihrer Morphologie und in der Art der Fortpflanzung stark von allen anderen Algen unterscheiden, was einen speziellen Wortschatz erforderlich macht, mit dem man sich vor dem Gebrauch des Bestimmungsschlüssels vertraut machen sollte.

Das vorliegende Dokument erläutert und illustriert die verschiedenen Gestaltungs- und Unterscheidungsmerkmale der in der Schweiz vorkommenden Gattungen und Arten. 

Morphologie der Armleuchteralgen

 

Probenahme und Aufbewahrung

Suchen und Sammeln

In der Schweiz kommen Characeen von der planaren bis subalpinen (mitunter auch alpinen) Stufe vor. Am häufigsten sind sie jedoch in Höhenlagen bis 700 m zu finden. Sie bewohnen die unterschiedlichsten Gewässertypen: grossen Seen, Weiher, Auengewässer, Flachmoore, Tümpel, Gräben oder auch langsam fliessende Bäche, die nicht verschmutzt sind und offene Wasserflächen mit untergetauchten oder schwimmenden Wasserpflanzenbeständen aufweisen.

Armleuchteralgen fehlen in stark verschmutzten oder regelmässig trockenfallenden Gewässern. Dies trifft beispielsweise auf die Uferzonen von Rückhaltebecken oder auf Stauseen zu. Auch ziehen sie sich aus Gewässern mit hohem Nutzungsdruck zurück, z.B. in von Weidevieh genutzten Kleingewässern und in intensiv bewirtschafteten Fischzuchtteichen.

Betrachtet man Artenzahlen und Häufigkeiten, sind die heimischen Seen und Weiher die bevorzugten Lebensräume für Armleuchteralgen. Die klaren Flachwasserbereiche (< 3 m) dieser Gewässer werden am besten mit einem leichten Wasserfahrzeug (Schlauch- oder Ruderboot) untersucht. Die Verwendung eines Teleskoprechens ist hierbei hilfreich. In tieferem Wasser (3 -15(20) m) oder an schwer erreichbaren Stellen, sowie in weniger transparenten, schwebstoffhaltigen Gewässern ist die Benutzung eines Wurfhakens unumgänglich. Für spezielle Fragestellungen kann auch das Tauchen (Schnorcheln oder Gerätetauchen) sinnvoll sein.

In der Schweiz sind auch naturnahe Kleingewässer und langsam fliessende Bäche, die landwirtschaftlich wenig beeinträchtigt sind, geeignete Lebensräume für Characeen. Sie können meist mit einem Wurfhacken oder mit einem Teleskoprechen vom Ufer aus beprobt werden.

Letztendlich kann kein Gewässer vollständig abgesucht werden. Ausserdem können sich die Characeenbestände im Jahresverlauf und von Jahr zu Jahr in ihrer Artenzusammensetzung verändern. Durch wiederholte Besuche zu verschiedenen Zeitpunkten können oftmals zusätzliche Characeenarten in einem Gewässer nachgewiesen werden.

Aufbewahrung und Lagerung der Proben

Armleuchteralgen sind häufig sehr zarte Pflanzen die sich schnell zersetzen. Es lohnt sich daher, frisch gesammeltes Probematerial zu präparieren und zu konservieren. Dazu sind gewisse Voraussetzungen zu beachten um auch eine spätere Bestimmung zu gewährleisten.

Falls möglich, sollten die frisch gesammelten Proben feucht (nicht in Wasser liegend) in geschlossenen Gefässen (luftdicht verschliessbare Glas- oder Plastikbehälter) kühl aufbewahrt werden, möglichst nicht länger als 24 Std, damit sie sich nicht zersetzen.

Die gängige Aufbereitungsmethode für Armleuchteralgen ist mit der Herbarisierung von Meeresalgen vergleichbar. Die ausgebreitete, schwimmende Pflanze wird in einem wassergefüllten Becken auf Papier gezogen, anschliessend wird das Wasser vorsichtig ausgeleert. Die Pflanze liegt dann ausgebreitet auf dem Papier. Die Pflanze wird dann zwischen saugfähigem Papier in einer Herbarpresse an einem gut belüfteten Ort getrocknet. Einmal trocken, muss der Pflanzenbeleg mit viel Sorgfalt präpariert werden, da die trockenen Sprossteile häufig sehr brüchig sind. Vorteil dieser Herbarisierungsmethode ist, dass die Belege wenig Platz in Anspruch nehmen und dass später genetische Untersuchungen der getrockneten Pflanzenteile ohne weiteres möglich sind.

Eine andere geeignete Methode – vor allem für Bestimmungsarbeiten und morphologische Untersuchungen, aber auch für Zeichnungen und Fotografie – besteht darin, die Algen in Behältern mit 70 %igem Alkohol aufzubewahren. Das Einlegen in Alkohol kann auf unbestimmte Zeit erfolgen, verlangt aber Lagerraum und lässt später keine genetischen Untersuchungen mehr zu. Deshalb empfiehlt es sich für Characeen -neben einer Sammlung in Alkohol- auch noch ein Herbar zu führen.

Artbestimmung

Bestimmungsschlüssel Characeae

Die Artbestimmung erfolgt bevorzugt an frisch gesammelten oder mit in Alkohol konservierten Exemplaren. Oft ist es im Feld schon möglich, mit blossem Auge oder mit einer Lupe (20 fach) die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der Gattungen, aber auch für eine Reihe von Arten zu erkennen. Das Untersuchen von Herbarbelegen ist schwieriger, besonders wenn sich die Organe beim Trocknen verformt oder verklebt haben. Dann wird vorgängig ein Einweichen der Pflanzenteile (Astquirle oder Internodien endständiger Achsen) in Wasser oder bei stark verkrusteten Exemplaren in leicht sauren wässrigen Lösungen (z.B. mit Essiglösung) notwendig.

Für die Gattungszuordnung ist die Art der Verzweigung meist ein eindeutiges Merkmal. Das Vorhandensein von Bulbillen erlaubt die Artbestimmung innerhalb der Gattung Chara - das Einsammeln von ganzen Individuen ist also erforderlich. Bei der Gattung Nitella ist das Vorhandensein von Schleimhüllen um die Gametangien für die Artbestimmung wichtig und sollte beim Einsammeln im Feld notiert werden, denn diese Eigenschaft geht beim Konservieren in Alkohol und im Trockenherbar verloren.

In schwierigen Fällen kann eine Bestimmung nur anhand der genauen Untersuchung und Vermessung von reifen Fruchtkörpern erforderlich sein. Dazu wird ein Binokular mit starker Vergrösserung (160 fach) und sowie ein Mikroskop mit Messokular (mit bis zu 500-facher Vergrösserung ) benötigt. Letzteres ermöglicht die Beobachtung von bestimmungsrelevanten Oberflächenstrukturen der Oosporenmembranen.

Da die Bestimmung einiger Arten recht komplex ist, berücksichtigt der vorliegende Schlüssel zwei unterschiedliche Kompetenzstufen: zum einen Arten und Artkomplexe (« Aggregate »), die Nicht-SpezialistInnen direkt im Feld bestimmen können, zum anderen schwierige Arten, Unterarten, Formen oder Varietäten, die ein besonderes Fachwissen sowie Profi-Instrumente (Binokular und Mikroskop) erfordern.

Impressum

Bezugsquellen : Aurélie Boissezon, Dominique Auderset Joye, Arno Schwarzer, Patrice Prunier (2017). Système d’information pour les espèces menacées et prioritaires : Characées, Macrophytes aquatiques. https://www.infoflora.ch/de/flora/armleuchteralgen/bestimmung.html

Korrespondenz : aurelie.boissezon@hesge.ch
Übersetzung : Arno Schwarzer.
Verantwortliche Ikonographie und Bilder : Aurélie Boissezon.
Mitwirkende Ikonographie : Dominique Auderset Joye, Aurélie Boissezon, Arno Schwarzer.
Technische Partner : Info Flora (Adrian Moehl, Christophe Bornand, Ralf Thielen).
Finanzielle Unterstützung : BAFU Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften.