11-10-2023 Info
Saisonale Zunahme der Fingerhirsen & Co.
Nördlich der Alpen werden mit «Fingerhirsen» die Arten der Gattung Digitaria bezeichnet. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in dieser Jahreszeit, d.h. in der zweiten Sommerhälfte, in den Augen vieler Menschen diese Gräser auf dem Vormarsch zu sein scheinen, und gleich stellt sich die Frage, ob es sich um invasive Neophyten handeln könnte, die überall wuchern.
Die mit Abstand häufigste Art der Fingerhirsen ist die Blutrote Fingerhirse Digitaria sanguinalis. Sie wird auch «Bluthirse» genannt. Die Abgrenzung zu den anderen Fingerhirsen erfordert Spezialkenntnisse und ist auch für Spezialistinnen nicht immer einfach. Die Bluthirse ist ein einheimisches Gras und somit nicht ein invasiver Neophyt!
Digitaria sanguinalis, aggr. © Peter Bollinger
Das Phänomen der plötzlichen Zunahme der Fingerhirsen ist bekannt. Allerdings müssen zwei "verschiedene Zunahmen" unterschieden werden:
(1) Saisonale Zunahme: die Digitaria-Arten sind wärmebedürftig und brauchen für ihren Lebenszyklus eine bestimmte Tageswärme und Wärmesumme. Sie kommen daher erst im Spätsommer zur Blüte und scheinen dann plötzlich explosionsartig zuzunehmen. Im darauffolgenden Frühsommer sind sie dann plötzlich wieder "verschwunden", weil sie eben erst spät auftauchen.
(2) Zunahme durch Klimaerwärmung: sowohl die allgemeine Klimaerwärmung als auch die Erwärmung durch Bautätigkeit und zunehmender Versiegelung (Beton als Wärmespeicher) fördern solche wärmebedürftige Gräser.
Beide «Zunahmetypen» überlagern sich, wobei die saisonale Zunahme sehr viel offensichtlicher ist und den Eindruck einer «plötzlichen starken Zunahme» hinterlässt.
In den letzten Jahren hat die Glattspelzen-Fingerhirse (Digitaria ciliata), eine nahe Verwandte der Bluthirse, vor allem in Maisäckern zugenommen. Die Ausbreitung und das Schadenspotenzial dieser Art muss im Auge behalten werden.
Es gibt übrigens noch einige wenige weitere Gräserarten mit fingerförmigen Ähren in der Schweiz, welche aber eher in anderen Lebensräume vorkommen. Wir stellen sie hier kurz vor:
Cynodon dactylon © Christophe Bornand
Bothriochloa ischaemum © Philippe Juillerat
Text: Brigitte Marazzi & Stefan Eggenberg